Pünktlich am Flugfeld angekommen und häuslich auf einer der Picknickbänke eingerichtet, schlendern mein Sohn und ich erst einmal zur Anmeldung, um alle Formalitäten zu erledigen. Wetterbedingt, es ist halt Herbst, gibt es Verzögerungen im Sprungplan. Von Langeweile aber keine Spur. Überall gibt es Neues zu entdecken und Verpflegung haben wir mehr als genug dabei. Das etwas mehr an Zeit gibt uns die Gelegenheit, uns in das Umfeld von Solospringern, Trainern, Schülern, Bodenpersonal und weiteren Tandemgästen einzugrooven.
Genug der Träumerei, unsere Namen stehen als nächstes auf der Sprungliste. In den Anzug schlüpfen, das Gurtzeug, die zeitlos elegante Kappe, Brille und Handschuhe anprobieren, alles eindeutige Signale dafür, dass es nun „Ernst“ werden wird. Die Trockenübungen in den mit Matten ausgelegten Hallen vermitteln einen ersten Eindruck vom geplanten Vorhaben und auch den nötigen Respekt davor. Unserer Tandem Piloten beruhigen: So richtig falsch machen kannst Du nichts, außer Du vergisst SPASS dabei zu haben!
Dann lasst uns mal Spaß haben!
Viel Zeit, ein solides Vertrauensverhältnis zwischen Piloten und Gästen aufzubauen, bleibt in der Vorbereitungsphase nicht. Mein größtes Kompliment an unsere beiden Piloten. Jeder hat auf seine eigene Art diese Aufgabe perfekt gelöst. An dieser Stelle, danke Dir „Schmii“ für den überzeugenden Hinweis auf die steile Lernkurve während Deiner bereits zwei (oder waren es doch schon 3?) absolvierten Sprünge*.
Ein letztes Gruppenbild und ab zum Shuttle. Nach einer kurzen Fahrt übers Rollfeld, ab über eine kleine Trittleiter hinein in die Cessna Caravan. Klaustrophobisch sollte nicht veranlagt sein, es wird kuschelig. Der Business-Class-Bucher kommt ins Grübeln - Das hier ist wohl doch der falsche Flieger.
TÜR ZU und los!
Auf 3500 m gehen wir noch einmal den Absprung durch, danach ein „high five“ mit jenen, die unter den beengten Bedingungen erreichbar sind. Ein Gefühl mit dieser zusammengewürfelten Gemeinschaft verbunden zu sein kommt auf.
TÜR AUF, Obergeschoß, 4000 Meter, alle aussteigen!
Gut gesichert rutschen wir auf der Sitzbank in Richtung Ausstieg. Wie war das gleich? Auf die Kante setzen – Was für ein Wolkenmeer! – Füße unter das Flugzeug klemmen – Nordsee und Elbmündung glitzern im Gegenlicht – Hände an die Gurte. Warte, da fehlt noch was, richtig ein Hohlkreuz m… - DRAUSSEN
Die nächsten 50 Sekunden freien Falls sind schlichtweg „zeitlos“. Wolken und Horizont, ringsherum, man selbst mittendrin, erstarrte Ewigkeit, atemberaubend.
Atemberaubend? Das hätte ich fast vergessen, atmen. Auf einmal ist es laut, zerrt die Luft an der Kleidung, verstärkt sich der Druck auf den Ohren, sind die Wolken bereits greifbar nah. Dann ein leichter Ruck – die Zeit ist wieder allgegenwärtig, die gewohnten Regeln sind zurück, der Hauptschirm hat sich geöffnet.
Meinen tiefsten Dank den Tandem-Piloten Schmii und El Chapo, den Kameramann Mike, den Piloten der Cessna nicht zu vergessen! Wir werden uns wiedersehen, mein letzter Sprung war das nicht. Joachim (still smiling)
*Es waren dann doch ein paar Sprünge mehr
, den 700-sten hast Du noch an dem Tag verbuchen können?